Sandra Euringer
Coaching & Training - Kreativtherapie - Yoga Nidra - Self Care - hub2hub

2022-12-23

Aufbruch…

17.12.- 23.12.22
Am 17. klärten sich im Laufe des Vormittags die Wolken und die Berge waren bald in strahlenden Sonnenschein eingetaucht. Ich hatte beschlossen, für ein paar Tage ans Meer zu fahren, um meine Erkältung auszuheilen. Die Strecke von Genalguacil hinunter nach Marbella schlängelte sich zunächst an Berghängen entlang und nach einer letzten Anhöhe, konnte ich das Meer vor mir sehen. Aber es war nicht einfach so, dass die Berge aufhörten. Es war eher ein harmonisches Miteinander von kleineren Bergen, die den Küstenstreifen säumten. In Marbella machten Tara und ich Zwischenstopp an der Uferpromenade und ich genoss mein Frühstück am Meer. Nach der vergangenen regenreichen Woche in den Bergen fühlte ich mich wieder in eine Sommerstimmung zurückversetzt. Und ich merkte, wie gut die Wärme und die Sonne für meine immer noch sehr hartnäckige Erkältung waren.

Danach fuhr ich weiter an einen kleinen Strand in der Nähe von Almunecar. Ich hatte online ein kleines Hotel mit einer Ferienwohnung direkt am Strand gefunden und auf dem Weg dorthin, vorbei an riesigen Betonbauten, fragte ich mich ob ich 2 Tage in so einer touristischen Umgebung überhaupt überstehen würde. Zunächst aber fanden weder mein Navi noch Google den Weg zur besagten Unterkunft. Ich konnte mir auch nicht vorstellen, wie die Bilder die ich online gesehen hatte, zu den riesigen Ferienanlagen passen sollten.

Nach mehreren Umwegen hatte Google schließlich den Weg in eine kleine Bucht gefunden. Der letzte Teil der Straße mündete in einen steinigen Holperweg und ich stellte fest, dass das Hotel am anderen Ende der Bucht lag und der einzige Weg dorthin, war ein kleiner Pfad, vorbei an zwei Restaurants. Das Hotel lag tatsächlich direkt am Strand. Als ich auf Antonio, den Besitzer, wartete, beschloss ich, ohne die Wohnung gesehen zu haben, ihn gleich um eine Verlängerung zu bitten. Antonio, der auch sehr gut Deutsch sprach, lachte als ich ihn gleich nach der Begrüßung mitteilte, dass ich gerne länger bleiben wollte, offensichtlich kannte er die Reaktionen auf den Ausblick bereits von anderen Gästen. Ja, ich hatte Glück und konnte bis zum 25.12. verlängern.
Der Blick war unbeschreiblich, einfach nur Meer …und 2 Palmen davor und dazu ein menschenleerer Strand. In den nächsten Tagen wanderten Tara und ich den Küstenpfad entlang von Strand zu Strand, aber insgesamt nahm ich mir nicht so viel vor, da ich gesundheitlich immer noch sehr angeschlagen war. Und dann, ich hatte die letzten Tage schon eine Vorahnung gehabt, brach der nächste Backenzahn. Es war die Woche vor Weihnachten und die ersten beiden Zahnarztpraxen konnten mir trotz Notfall keinen Termin mehr in diesem Jahr anbieten.

Zum Glück gab es im Hotel ein Pärchen aus Berlin, das schon seit Jahren hier überwinterte. Sie hatten vor 5 Jahren bei einer Zahnärztin aus Deutschland ein Apartment gemietet, etwa 30 km von hier. Als ich dort anrief und meine Situation erklärte, bekam ich schließlich einen kurzfristigen Termin und sollte in den nächsten 30 Minuten in der Praxis sein. Irgendwie schaffte ich es rechtzeitig dort zu sein, mittlerweile nahm ich, wie die meisten Spanier auch, die Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht mehr ganz so ernst. Zunächst war ich etwas skeptisch, da die Ärztin sehr jung und in Bezug auf die narkosefreie Behandlung auch eher zurückhaltend schien. Aber sie war die erste seit Jahren, die mich ernst nahm, als ich ihr beschrieb, dass ich ein starkes Druckgefühl auf einer Kieferseite hätte und es nach Behandlungen teilweise Wochen dauerte, bis es sich wieder normalisiert hatte. Sie untersuchte nicht nur den behandelten Zahn, sondern den ganzen Kiefer auf Kontaktpunkte und offensichtlich hatte eine Seite, die ganze Zeit Kontakt gehabt, die andere nicht. Mein Zahn war höchstwahrscheinlich aufgrund dieser Fehlbelastung gebrochen. Und damit ergab mein Empfinden auch Sinn! Sie passte mehrere Zähne an, allerdings fühlte sich danach mein Mundraum noch fremder an als vorher … aber auch das war ihrer Ansicht nach völlig normal und sollte sich über die nächsten Tage beruhigen.  Falls nicht, wäre sie vor Weihnachten auf jeden Fall nochmal für mich da. Ihrer Ansicht nach konnte die Fehlbelastung auch zu Sehschwächen führen. Seit Jahren hatte ich damit Probleme, die ich aber bisher immer gut über ein Augentraining hatte ausgleichen können. Wie schön, Menschen zu treffen, die sich trotz Weihnachten Zeit nahmen.

Was hätte ich nur ohne meine hilfsbereiten Zimmernachbarn gemacht und ohne den kurzfristigen Behandlungstermin? Etwas mitgenommen von der fast 2 stündigen Behandlung fuhr ich durch die Dunkelheit zurück ins Hotel und machte anschließend mit Tara einen Abendspaziergang am Meer.

Über die nächsten Tage verbesserte sich mein Gesundheitszustand langsam. Zwischendurch besuchte ich in der Sierra Nevada O Sel Ling, ein tibetisches Kloster in den Bergen. Ich hatte zwischendurch eine Anfrage für ein individuelles Retreat gestellt, aber leider waren Hunde nur zu den Besuchszeiten erlaubt, aber nicht während eines Retreats. Es wirkte auf mich fast unwirklich, nur eine Stunde vom Strand entfernt hoch oben in den Bergen eine Klosteranlage vorzufinden, die sich eher nach Himalaya als nach Südspanien anfühlte. Am Morgen bevor ich losgefahren war, hatte ich einen Koan gelesen, in dem es um die Auseinandersetzung zweier Mönche ging, die eine Fahne im Wind beobachteten. Die Frage, die sie stellten, war, ob sich die Fahne bewegte oder ob es der Wind war, der sich bewegte. Ihr Abt hatte versucht ihnen eine Hilfestellung zu geben indem er sagte, es sei ihr Geist, der sich bewegte, weder die Fahne noch der Wind. -  Aber letztlich bewegten sich weder die Fahne, noch der Wind und auch nicht der Geist!
Da stand ich neben einer der 3 Fahnen und sah und hörte wie sie im Wind flatterten … und gleichzeitig bewegte sich nichts… Vielleicht war ich nur wegen dieser Erfahrung zum Kloster gekommen.

Die gegensätzlichen Eindrücke hätten nicht stärker sein können, denn am Abend machte ich noch einen kurzen Abstecher in eines der riesigen Einkaufszentren an der Küste. Ich war seit Monaten nicht mehr in einem Einkaufskomplex gewesen. Aufgrund meiner Reise war ich so gar nicht in Einkaufsstimmung und kam mir sehr deplatziert vor. Und ganz schnell war mein Einkauf auch beendet.
Wieviel Zeit verbringen wir mit unnötigen Dingen? Wieviel Zeit mit dem, was wirklich wichtig ist und uns berührt?

An einem der Abende saß ich mit Uschi und Achim, denen ich die nette Zahnarztpraxis zu verdanken hatte, noch zusammen und ich teilte mit ihnen, wie sehr mich der Anblick des Meeres immer noch berührte, selbst nach mehreren Tagen. Beide sahen mich an und meinten, es erginge ihnen genauso. Sie kämen jetzt seit mehreren Jahren genau deshalb hierher … und der Anblick und die Farben veränderten sich jeden Moment – nur konnten viele ihrer Freunde, das nicht nachempfinden.

Weihnachten stand vor der Tür und es würde das erste Weihnachten sein, das ich ohne meinen jüngsten Sohn verbringen würde. Er wollte mit seinem Bruder in Australien feiern und mir war so gar nicht nach Weihnachten zumute. Ich hatte zwar Einladungen von Freunden in Deutschland bekommen, für den Fall, dass mir kurzfristig doch noch danach sein könnte, aber das war eher unwahrscheinlich. Eine argentinische Freundin, die seit einigen Jahren in Malaga lebte, hatte mich zur Weihnachtsfeier zu ihr nach Hause eingeladen und hatte mir versichert, dass es garantiert argentinisch sei und nichts mit einem traditionellen europäischen Fest gemein hätte.
Ich hatte es mir offengelassen, für den Fall, dass ich einfach nur auf dem Balkon sitzen wollte, um das Meer zu genießen und um in Ruhe zu malen.

Weihnachten stellte für mich auch einen Wendepunkt im räumlichen Sinne da. Ich wollte danach wieder zurück in Richtung Deutschland, um dann nochmal weiter zu den Polarlichtern zu fahren, von denen ich in Norwegen so gut wie nichts gesehen hatte. Dieses Mal wollte ich mein Glück in Schweden versuchen.
Es war auch eine Art Abschied – Abschied von einer anderen Art des Reisens und auch des Mit-mir-seins. Es hatte teilweise sehr herausfordernde Situationen gegeben – und immer war eine Lösung aufgetaucht. Für mich war die Reise wieder ein Zurück ins Vertrauen gewesen und ich hatte viel Neues lernen dürfen und auch dafür war ich dankbar. Und natürlich war ich dankbar für die Orte und die Menschen, die ich kennenlernen durfte.
Und ich hatte sehr klare Visionen von dem bekommen, was mir in meiner Zukunft wichtig war, auch wenn ich jetzt nur ansatzweise wusste, wie ich es umsetzen sollte. Vielleicht hatte ich auch dafür diese Erfahrungen machen sollen: Ich muss die Lösungen noch nicht kennen, ich muss nur wissen, dass es sie gibt!
Vielleicht war es gar kein Abschied, sondern vielmehr ein weiterer Aufbruch.

Admin - 15:00:12 | Kommentar hinzufügen

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Am 26.09.22 geht es los...

Gästebuch

Michael Fetzer
12.10.2022 18:15:22
Ups, da machst du ja 'Erfahrungen' im Sauseschritt!
Zum Glück scheinst du koerperlich noch so fit, deine Reise fortsetzen zu koennen. Und vermutlich bist du in dir schon an Punkte gelangt, wo du bisher gar nicht wusstest, dass es sie gibt...
Und ein (oder mehrere) aussergewoehnlicher Schutzengel scheint dich zu begleiten. Gut zu wissen.
Weiterhin gutes Gelingen und auf einen Austausch, der wahrscheinlich Tage dauert :-)
Michael Fetzer
02.10.2022 14:44:04
Hallo liebe Sandra, wahrscheinlich eignet sich Norwegen wie kaum ein anderes Land, im Durchwandern zu sehen - gehen zu lassen - sich erinnern - loszulassen...
Sehen, erspüren, hinein- und hinausgehen. Der Prozess von Lebendigkeit ein- und ausatmen. Sich einlassen, im Tun die Wirkung erfahren und zu neuen Horizonten aufbrechen.
Eigentlich alles ganz einfach :-)

Schön, dass du dir Zeit und Raum nimmst, wieder tiefer einzutauchen: in dich, deine Fragen, deine Schritte, deine Wünsche, deine Perspektiven.
Egal was kommt, es wird gut!
Stärkende Grüße, Michael