Sandra Euringer
Coaching & Training - Kreativtherapie - Yoga Nidra - Self Care - hub2hub

2022-12-08

Wege nach Sintra und bedeutungslose Erwartungen

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Bevor ich am Morgen in Covadunga losfuhr, hatte ich mich ein letztes Mal in die Grotte gesetzt. Ohne auch nur einen Moment an dem inneren Bild zu zweifeln, fuhr ich nicht wie geplant in Richtung Sintra in der Nähe von Lissabon, sondern in die entgegengesetzte Richtung ans Meer nach Llanes. Es fühlte sich einfach richtig an. Als ich in dem kleinen Hafenstädtchen ankam, schien die Sonne und ich machte mich auf die Suche nach dem Küstenwanderweg, den ich vor ein paar Tagen auf der Karte entdeckt hatte. Die Touristeninfo hatte zwar geöffnet aber die Beschreibung war nicht sehr hilfreich und ich hatte mich völlig verfahren. Ein Spanier, den ich nach dem Weg fragte, meinte nur, das sei sehr schwierig und dann schlug er vor, dass ich einfach hinter ihm herfahren sollte. Nach einigen Umwegen liefen Tara und ich dann endlich auf dem ausgeschriebenen Weg, der zumindest für diesen Abschnitt, mit dem Camino del Norte (der Camino Variante, die an der Nordküste entlanggeht) übereinstimmt. Auch hier waren wir wieder ganz für uns alleine unterwegs. Es fühlte sich einerseits sehr vertraut an, wieder dem Muschelzeichen des Caminos zu folgen und gleichzeitig war es für mich auch ein endgültiger Abschied: Die Zeit des Pilgerns war vorbei … und es war schön mit leichterem Gepäck zu laufen. Auch eine Unterkunft in einer sehr schön renovierten Pension fanden wir ohne Probleme.
Am nächsten Tag starteten wir dann tatsächlich in Richtung Sintra. Vor 2 Jahren war ich zum ersten Mal dort gewesen. Damals hatte ich gemeinsam mit 2 Kolleginnen einen Workshop im Zusammenhang von Theory U/ Social Presencing Theatre organisiert. Und so nebenbei hatte ich auf eine Empfehlung hin die Quinta da Regaleira besucht, ein Ort, an den ich jetzt unbedingt noch einmal zurückkehren wollte: umgeben von einer atemberaubend schönen Parkanlage wurde von dem damaligen Eigentümer  António Augusto de Carvalho Monteiro gemeinsam mit dem italienischen Architekten und Bühnenbildner Luigi Manini Ende des 19. Jahrhunderts ein Palast mit zusätzlichen Gebäuden entworfen, der in einer fließenden Verbindung mit der ihn umgebenden Natur steht. Die Kreativität dieser beiden Visionäre und die entsprechenden finanziellen Ressourcen haben einen Ort entstehen lassen, an dem ich damals einen ganzen Tag verbrachte. Ich fühlte mich damals wie ein staunendes Kind und bei meinem ersten Besuch im August schienen die Pflanzen in ein ganz besonderes Licht getaucht zu sein. Aufgrund der durch Corona reduzierten Besucherzahlen war der Park auch im August nicht überlaufen gewesen.  Ich war gespannt wie die Quinta da Regaleira jetzt im Winter auf mich wirken würde.
Mit einem weiteren Zwischenstopp entlang der portugiesischen Küste kamen wir am 4.12. in Lissabon an. Bei meinem ersten Besuch vor 2 Jahren hatte ich Glück gehabt und war in einem sehr schönen Hotel direkt in der Innenstadt mit Dachterrasse untergekommen. Dieses Mal bekam ich wohl einen realistischeren Eindruck von Lissabon, der auch durch die Anfahrt mit dem Auto geprägt war. Ich fuhr an Vororten vorbei, die mit nicht enden wollenden Hochhäuskomplexen zugepflastert waren und obwohl unsere Pension immer noch in der Innenstadt lag, hatte die Umgebung nichts mit dem Reiz der wunderschön renovierten Altstadt gemein. Hier prallten Gegensätze von verfallenen Gebäuden mit prachtvoll renovierten Bauten aufeinander und ich sah mehrere Obdachlose am Straßenrand mit ihren wenigen vom Regen oft aufgeweichten Habseligkeiten liegen. Dieses war ein deutlich anderes Lissabon, als das, was ich in Erinnerung gehabt hatte.
Ansonsten bekam Tara auf unseren Spaziergängen in der Innenstadt wieder sehr viel Aufmerksamkeit, was sie wie immer sehr genoss. Insgesamt schienen mir auch die anderen Hunde viel friedlicher und auch ruhiger zu sein als in Spanien. Nach einem Tag in Lissabon waren wir aber wieder beide reif fürs Land bzw. in diesem Fall Sintra.
Ich hatte für uns eine Unterkunft auf einer Bio-Farm gefunden und es hörte sich alles sehr idyllisch an; ein mit alten Baustoffen und nach alten Vorlagen gebauter Hof, der im Inneren auf eine Zeitreise in die Vergangenheit einlud … nur die sanitären Anlagen waren dabei auf der Strecke geblieben, aber das stellte ich erst fest, nachdem ich unser Gepäck entladen und gezahlt hatte. Ich kannte indische sanitäre Anlagen und war diesbezüglich relativ flexibel geworden aber hier beschloss ich aufs Haare waschen zu verzichten, um den Badezimmeraufenthalt zu kurz wie möglich zu halten. Außer mir gab es noch eine weitere Besucherin aus den USA und zu meinem großen Graus einen weiteren männlichen Gast, der ein Zimmer direkt über mir hatte. Nur eine dünne Holzdecke trennte uns voneinander. Entweder hatte er Besuch oder er telefonierte stundenlang bis tief in die Nacht hinein. Hier wurde meine Toleranz stark getestet, denn in den Schlafsälen auf dem Camino gab es zumindest zeitliche Beschränkungen und Rücksichtnahme, hier offensichtlich nicht. Kurz darauf wurde ich auf meiner Reise zum ersten Mal krank. Immerhin, ich hatte nur 3 Tage gebucht… aber im Nachhinein war mir klar, dass ich am besten direkt abgereist wäre, trotz der Zusagen der Besitzer, die Anlage in Ordnung zu bringen.
Ein Highlight während meines Aufenthaltes in Sintra war das Treffen mit Rita, auf deren Retreat Anlage, wir vor 2 Jahren einen SPT Workshop organisiert hatten. Sie hatte mich eingeladen morgens vor unserem Treffen zur gemeinsamen SPT Praxis mit den anderen Bewohnern vorbeizukommen.  Gemeinsam als Gruppe in Stille und in der Bewegung in die Achtsamkeit zu gehen schafft Erfahrungsräume, die uns viel schneller im Hier und im Jetzt ankommen lassen. Vor allem wenn im Anschluss an das Erlebte, die Themen und sichtbaren Muster geteilt werden, entsteht ein Nährboden der die eigene Intuition und Wahrnehmung stärkt.  Leider nutzen wir diese Erfahrungen im Alltag viel zu wenig. Dadurch, dass die Gruppe mit den gemachten Erfahrungen in Resonanz geht, können über den gemeinsamen Austausch zusätzliche Zusammenhänge deutlich werden, die rein verbal nicht kommuniziert werden können. Was jetzt sehr abstrakt klingt, macht in der Praxis viel Spaß und erzeugt Erfahrungen von Leichtigkeit und starker Präsenz.
Abends hatte ich wieder Glück und die Wettervorhersage traf nicht ein: Ich fuhr mit Tara zum Strand und während sich der Himmel in unterschiedlichen Rottönen färbte, tollte sie ausgelassen wie eine junge Hündin über den Sand. Um diese Zeit gab es zwar noch vereinzelte Besucher in den Cafés, aber außer einer weiteren Strandläuferin waren wir auch hier wieder für uns.
Am nächsten Morgen war endlich Zeit, um zur Quinta da Regaleira zu fahren, der Hauptgrund für meinen Besuch in Sintra. Leider regnete es tatsächlich wie vorhergesagt in Strömen und als ich ankam traf ich völlig unerwartet auf viele andere Touristen. Warum nur waren sie bei dem Wetter und auch noch an einem Mittwoch hier? Ich lies mich einfach treiben, suchte die kleinen Pfade und genoss trotz Regen und der vielen anderen Besucher diesen magischen Ort. Obwohl es Dezember war leuchteten die Pflanzen in den unterschiedlichsten Grüntönen und auch einige Blumen standen noch in voller Blüte. Nach Meditieren fühlte ich mich nicht, dafür war es mir zu trubelig. Aber vielleicht war diese Erfahrung bei strömendem Regen viel lehrreicher als ein weiterer Sonnentag wie vor 2 Jahren. Ich hatte an meinen Besuch bestimmte Erwartungen gehabt, hatte mich wieder in tiefer Meditation alleine um diese Zeit und selbstverständlich bei Sonnenschein auf einer der Steinbänke sitzen sehen. Und jetzt war ich an diesem Ort und die äußeren Bedingungen waren völlig anders, aber ich war trotzdem in voller Präsenz hier und meine Erwartungen waren in dem Moment völlig bedeutungslos geworden.

Ich spürte eine tiefe Freude, nicht, weil meine Wünsche in Erfüllung gegangen waren, sondern weil dieses Gefühl der Verbindung da war, völlig unabhängig von den äußeren Umständen.
 
Und dann stellte sich die Frage, nach dem, was als nächstes kommen sollte. Einerseits hatte ich Polarlichter bisher in Norwegen nur sehr spärlich gesehen und gleichzeitig war es in Portugal von den Lichtverhältnissen her derzeit deutlich heller und wärmer als im Norden von Europa bzw. in Deutschland.

Ich beschloss, wie in den Wochen davor, auf mein Bauchgefühl zu vertrauen.

Admin - 11:22:22 | Kommentar hinzufügen

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Am 26.09.22 geht es los...

Gästebuch

Michael Fetzer
12.10.2022 18:15:22
Ups, da machst du ja 'Erfahrungen' im Sauseschritt!
Zum Glück scheinst du koerperlich noch so fit, deine Reise fortsetzen zu koennen. Und vermutlich bist du in dir schon an Punkte gelangt, wo du bisher gar nicht wusstest, dass es sie gibt...
Und ein (oder mehrere) aussergewoehnlicher Schutzengel scheint dich zu begleiten. Gut zu wissen.
Weiterhin gutes Gelingen und auf einen Austausch, der wahrscheinlich Tage dauert :-)
Michael Fetzer
02.10.2022 14:44:04
Hallo liebe Sandra, wahrscheinlich eignet sich Norwegen wie kaum ein anderes Land, im Durchwandern zu sehen - gehen zu lassen - sich erinnern - loszulassen...
Sehen, erspüren, hinein- und hinausgehen. Der Prozess von Lebendigkeit ein- und ausatmen. Sich einlassen, im Tun die Wirkung erfahren und zu neuen Horizonten aufbrechen.
Eigentlich alles ganz einfach :-)

Schön, dass du dir Zeit und Raum nimmst, wieder tiefer einzutauchen: in dich, deine Fragen, deine Schritte, deine Wünsche, deine Perspektiven.
Egal was kommt, es wird gut!
Stärkende Grüße, Michael