Sandra Euringer
Coaching & Training - Kreativtherapie - Yoga Nidra - Self Care - hub2hub

2022-10-07

5.-6.10.22 Was ist es, das zählt?

5.10.22
In der Nacht vom 4. auf den 5. war ich mit Tara nochmal nach draußen gegangen, als vor dem Gemeindehaus ein Auto auftauchte und ein großer kräftiger Mann ausstieg und mich und Tara misstrauisch anschaute. Entgegen meiner bisherigen Erfahrung mit Norwegern sprach er auch kein Englisch und war mir gegenüber recht schroff. Er ging wortlos an mir vorbei ins Gemeindehaus, sah sich alles, was ich da so ordentlich ausgebreitet hatte an, dann ging dann durch die Toiletten und Duschen als wollte er überprüfen, ob noch jemand anderes im Haus war. Er fing an auf Norwegisch zu telefonieren und wirkte sehr wütend. Ich brachte ihm den Zettel von Lasse mit seiner Handynummer – kurz darauf beendete er das Telefongespräch und verließ ohne ein weiteres Wort das Haus. Sein Auto parkte aber noch weitere 20 Minuten direkt vor der Tür. Irgendwann beschloss ich zu schlafen, Tara würde mich schon wecken, wenn er wiederkommen würde.
Er kam, allerdings erst um 7 Uhr als ich bereits geduscht hatte. Die Duschen waren Gemeinschaftsduschen und konnten nicht verschlossen werden und die Vorstellung, dass er morgens erneut die Duschen überprüfen würde, hatte mich den Wecker bereits auf 6 Uhr stellen lassen. Gegen 8 Uhr tauchte dann auch Lasse unerwartet auf – er wollte das Gemeindehaus durchwischen bevor am späteren Vormittag eine Müttergruppe zum Singen kam. Lasse hatte erst kürzlich eine neue Hüfte bekommen, er hatte sichtlich Probleme beim Laufen, aber was tat er? Er kam, um das Gemeindehaus zu reinigen. Unglaublich! Ich erklärte ihm, dass ich das sowieso noch tun würde. Als ich ihn auf den nächtlichen Besuch ansprach, nickte er nur. Es war wohl ein übereifriger Sicherheitsmann gewesen - mit psychischen Problemen. Um diese Zeit gab es keinen Grund, dass er im Gemeindehaus war. Immerhin erklärte die psychische Erkrankung sein Verhalten mir gegenüber.
Lasse fuhr wieder und ich fing an zu packen – ich hatte ja noch meine Verabredung 45 Laufminuten von der Kirche entfernt.
Ich musste lachen als ich, wie verabredet, Lasse mit Torbjorn um 11:30 Uhr wenige Meter von seinem Haus entfernt auf dem Olavsweg traf. Lasse musste auch gleich weiter, da er bereits für eine Seelsorger Gruppe verplant war – was für ein Geschenk ihn getroffen zu haben.
Und nachdem mir Torbjorn sein neues Tonstudio gezeigt hatte, saßen wir zusammen, lachten über den Zufall, der zu dem Treffen geführt hatte und redeten.
Aus meiner Sicht sprechen Menschen, die sich mit Krankheit, Sterben und dem Tod auseinandersetzen, anders miteinander – genau dann, wenn es um die eigenen Erfahrungen geht – und Erfahrungen, die die Sicht auf das Leben als Ganzes komplett auf den Kopf stellen. Erfahrungen, über die wir immer noch viel zu wenig sprechen. Aber genau das braucht es, um ein Umdenken zu bewirken! Wir sind immer noch viel zu viel verhaftet in einem sogenannten wissenschaftlichen Weltbild, das viele Phänomene nicht erklären kann und damit als nichtexistent abstempelt.
Im Sommer hatte ich an der Nahtodkonferenz in München teilgenommen – auf dem Podium saßen 4 ProfessorInnen, die meisten mit Nahtoderfahrungen und ein promovierter Arzt. Allein das wäre vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen. Im späteren Verlauf teilten Menschen mit einer NTE ihre Erfahrungen und die TeilnehmerInnen konnten Fragen stellen. Dadurch kann über diese und andere außerkörperlichen Erfahrungen, wie z.B. Sterbebettvisionen, Erfahrungen von Menschen, die Erfahrungen von nahestehenden Sterbenden zeitweise miterleben, miteinander gesprochen werden. Das sind existentielle spirituelle Erfahrungen; Erfahrungen, die die Frage nach dem „Wer bin ich?“ in einen Zusammenhang bringen, der das Gefühl von „Zuhause“ und „Angekommen sein“ stärkt und dem Tod nicht nur die Endgültigkeit nimmt, sondern ihn zu einer Brücke werden lässt; eine Brücke zu etwas, das wir schon immer waren und das unveränderlich ist und bleibt. Und es gibt immer mehr solcher Angebote: Thanatos TV, die Kieler Akademie für Thanatologie sind einige davon.
Torbjorn berichtete, wie positiv die Resonanz auf seinen Podcast mit einem Priester, Arzt, Gefängnisseelsorger etc. war. Er hat durch seine eigene Erkrankung einen Raum geöffnet, in dem genau dieser wichtige Austausch stattfinden kann.
Es gibt mittlerweile auch einige Ärzte, die eine andere Perspektive in Bezug auf Heilung einnehmen. Für mich waren die Bücher von Norman Doidge in diesem Zusammenhang sehr wichtig: er hatte untersucht, wie Menschen, die aus schulmedizinischer Sicht als unheilbar krank galten, Heilung erfahren haben. Dabei ging es nicht nur um einen nicht-medikamentösen Umgang mit Schmerzen, sondern auch um die bewusste Aktivierung der Selbstheilungskräfte. Auch Peter Levine bietet viele nicht-medikamentösen Methoden: Vor einigen Jahren als ich in Indien meine Yoga Nidra Ausbildung machte, stand eines seiner Bücher im Schrank von Swami Yogaratna, meiner Yoga Nidra Lehrerin. Bis auf eine Methode, die aus dem Schamanismus stammt und mit Krafttieren arbeitet, fanden sich alle Methoden im Yoga wieder, nur verbinden wir mit Yoga bisher noch viel zu wenig erfolgreiche Schmerztherapie. Sehr wichtig bei diesen alternativen Ansätzen ist, dass wir wieder mehr in die Eigenverantwortung kommen: wir brauchen nicht andere für die Heilung (auch wenn das hilfreich ist), sondern wir selbst haben diese Fähigkeiten. Es geht um eine Erweiterung unseres Bewusstseins, ein Erkennen wer wir sind und auch welche Möglichkeiten wir haben, wenn wir bereit sind, dafür Zeit zu investieren.
Als ich vor 7 Jahren eine starke Gehirnerschütterung hatte und die Ärzte mir sagten, dass die Begleiterscheinungen wie Orientierungslosigkeit, extreme Stimmungsschwankungen mit begleitenden Suizidgedanken möglicherweise bleibend sein könnten, fing ich aus Verzweiflung an mit Yoga Nidra zu üben und zu experimentieren. Es war, gerade am Anfang, ein enormer Kraftaufwand trotz der Erschöpfungszustände meine Konzentration zu trainieren.
Wieviel Zeit investieren wir täglich in unser spirituelles Wachstum? Wieviel Energieaufwand ist uns unsere eigene spirituelle Entwicklung wert?
Nach dem sehr intensiven Gespräch mit Torbjorn musste ich mich beeilen, denn das Pilgerschiff von Kapp nach Hamar fuhr nicht mehr und auf der Westseite des Mjosasees gab es keine weiteren Pilgerunterkünfte – wir mussten ein Stück mit dem Bus überbrücken. Auch danach merkte ich, dass die Möglichkeiten zum Übernachten schwieriger wurden. Eigentlich hatte mir die Besitzerin unserer Herberge, einem wunderschönen alten Bauernhof am Telefon bereits gesagt, dass sie schon geschlossen hatte – und als ich schon völlig ratlos über meiner Planung saß, kam dann plötzlich die Textnachricht „Ich öffne nochmal für dich und deinen Hund – wann wollt ihr kommen?“

6.10.22
Am Morgen schien die Sonne und tauchte den herbstlich bunt gefärbten Wald in ein Lichtbad und Tara und ich waren nach weniger als 4 Stunden bereits in Lillehammer angekommen. Ich ließ das Gepäck im Hotel, das gleichzeitig eine Herberge war und dann erklommen wir den Berg, genossen die Aussicht, ließen uns in der Fußgängerzone im Café nieder und ich deckte uns für die nächsten Tage mit Lebensmitteln und zusätzlich warmer Kleidung ein. Bereit für die Kälte und den Schnee, vor dem mich mittlerweile viele gewarnt hatten.

Admin - 07:52:15 | Kommentar hinzufügen

Am 26.09.22 geht es los...

Gästebuch

Michael Fetzer
12.10.2022 18:15:22
Ups, da machst du ja 'Erfahrungen' im Sauseschritt!
Zum Glück scheinst du koerperlich noch so fit, deine Reise fortsetzen zu koennen. Und vermutlich bist du in dir schon an Punkte gelangt, wo du bisher gar nicht wusstest, dass es sie gibt...
Und ein (oder mehrere) aussergewoehnlicher Schutzengel scheint dich zu begleiten. Gut zu wissen.
Weiterhin gutes Gelingen und auf einen Austausch, der wahrscheinlich Tage dauert :-)
Michael Fetzer
02.10.2022 14:44:04
Hallo liebe Sandra, wahrscheinlich eignet sich Norwegen wie kaum ein anderes Land, im Durchwandern zu sehen - gehen zu lassen - sich erinnern - loszulassen...
Sehen, erspüren, hinein- und hinausgehen. Der Prozess von Lebendigkeit ein- und ausatmen. Sich einlassen, im Tun die Wirkung erfahren und zu neuen Horizonten aufbrechen.
Eigentlich alles ganz einfach :-)

Schön, dass du dir Zeit und Raum nimmst, wieder tiefer einzutauchen: in dich, deine Fragen, deine Schritte, deine Wünsche, deine Perspektiven.
Egal was kommt, es wird gut!
Stärkende Grüße, Michael