Sandra Euringer
Coaching & Training - Kreativtherapie - Yoga Nidra - Self Care - hub2hub

2022-10-01

Start und die ersten Tage

26.09.-01.10.22
Kurz bevor ich am 26.09. am frühen Nachmittag in Kiel die Fähre nach Oslo bestieg, bekam ich von einem befreundeten Pastor, der mich zur Fähre gefahren hatte, eine für mich sehr berührende Segenssprechung für die Reise geschenkt. Ein Innehalten -  raus aus dem To-do Denken – Verbinden mit dem, was wirklich zählt.
Für Tara, meine treue Hündin, war die Überfahrt extrem anstrengend und weder ich noch sie (ich durfte sie nur zu vorgegebenen Zeiten besuchen) konnten schlafen – es war das erste Mal, dass sie in den letzten 9 Jahren kein Futter angerührt hatte.
Während der Überfahrt hatten wir leichten bis stärkeren Regen und an Deck hielt sich abends außer mir fast niemand auf – es war trotzdem eine sehr schöne Stimmung, v.a. mit Musik auf den Ohren, die mich in den letzten Jahren immer in Momenten der Veränderung begleitet hatte: Mandala Day von den Simple Minds (bei meiner ersten Überfahrt vor über 32 Jahren von Timor auf eine der benachbarten Inseln, damals allerdings bei sternenklarer Nacht und mit noch weniger Ahnung auf das, was mich erwarten sollte  … oder dachte ich das nur?), Spirit Bird von Xavier Rudd …Verbindung nach Australien, meiner Heimat für 12 Jahre, eine der größten Übungen im Loslassen … eine Woche zuvor hatten wir uns im Netzwerk Sterben –Leben- Sein zu zehnt getroffen, 5 von uns befanden sich wie ich jetzt in einem äußeren Zustand der Ungewissheit und gleichzeitig hatten wir alle eine tiefe innere Verbindung nach innen gespürt – ein Vertrauen in das, was sich entwickeln würde.
Nach unserer Ankunft in Oslo musste ich erst noch meinen Pilgerausweis besorgen und nahm mit Tara, die nach der Überfahrt so gar nicht in Großstadtstimmung war, einen Bus, um den Pilgerweg etwas ruhiger im Randgebiet von Oslo zu starten. Busfahrer sind Quellen der Inspiration – so auch der nette Fahrer, der mal eben meine Möglichkeiten der Weiterreise mit völlig neuen Perspektiven erweiterte – überhaupt empfand ich die Norweger als sehr freundlich und hilfsbereit – und ich denke nicht, dass das nur an Tara lag, die alle immer freundlich begrüßte.
Kurz nach unserem Einstieg auf dem Olavsweg wurde mir klar, warum mir alle immer gesagt hatten, dass es besser wäre, in der Pilgersaison zu laufen – die Wege bzw. Pfade wurden bei Regen zu Bachläufen mit sehr rutschigen Steineinlagen. Da ich mit einem improvisierten Pilgertrailer (so wie ein Trolly nur mit verlängerten Schiebestangen bzw. wie eine Schubkarre, die man vor bzw. hinter sich herziehen kann) unterwegs war (sonst hätte ich das zusätzliche Gepäck für Tara nicht transportieren können) kam ich relativ unerwartet und schnell in die Langsamkeit – ich musste mir den Aufstieg gut erarbeiten und kam dadurch mit meiner Konzentration auch schnell ins Hier und Jetzt. Nur hatte ich das so nicht geplant. Tara lies ich von der Leine da ich nur langsam laufen konnte und sie kam immer wieder, wie mir schien, um mich zu motivieren, zu mir und stieß mich aufmunternd mit der Schnauze an. Irgendwann kippte dann aber doch mein Trailer und ich samt Rucksack (und Laptop) in den Bachlauf bzw. Weg. Außer einer später blau werdenden Wade und ein paar Kratzern führte das aber für mich einfach zu mehr Achtsamkeit und später auch zu mehr Vorsicht.
Wir erreichten unsere erste Übernachtungsstation Sateren Gard und bekamen eine eigene kleine Holzhütte mit Ofen – Freude pur –am Feuer sitzen und die nassen Sachen trocknen lassen – und warme Suppe essen.
Am nächsten Tag stiegen wir so richtig ins Laufen ein – ungeplant – aber es gab vorher leider keine Unterkunftsmöglichkeit – und im Freien zu übernachten wollte ich erst mal vermeiden – und kamen nach über 30 km in der nächsten Unterkunft – einem umfunktionierten Stall mit Bett und Heizung an. Tara zeigte mir zwischendurch sehr deutlich, dass ihr das viele Laufen zu viel war - zum Glück gab es auf dem Hof eine andere Hündin in ihrem Alter und so lag der Fokus schnell auf spielerischen Dingen. Christian, der Hofbesitzer lud mich am nächsten Morgen noch zum Frühstück ein, und dann ging es weiter.
Das Laufen empfinde ich wie einen Waschgang der Gedanken, sehr reinigend und manchmal emotional auch sehr berührend … sehen und dann wieder ziehen lassen. Und gleichzeitig in und mit der Natur sein …plötzlich tauchten vergangene Erinnerungen auf und ich erlebte Aspekte, die ich vorher nicht wahrgenommen hatte.
Mir halfen auch sehr die Inspirationen, die ich von Sukadev´s (Volker Bretz) Buch „Die Yogaweisheit des Patanjali für Menschen von heute“ bekam. Ich hatte die Yoga Sutras von Patanjali (eines der wichtigsten Werke im Yoga) 2015 in Indien von verschiedenen Übersetzern mit Yogi Sivadas durchgearbeitet und für mich auf eine neue Art und Weise zusammengefasst, da sie in ihrer Ursprungsform nicht leicht zugänglich sind. Als ich 2017 von Australien nach Deutschland zurückkam, hatte ich mir sein Buch gekauft und erst jetzt, 5 Jahre später und nach dem Interview mit ihm, beschlossen, es mit auf die Reise zu nehmen.
Ich las morgens ein Sutra und nahm es mit auf den Weg: mit dem Bewusstsein zu den Objekten gehen, die wir sinnlich wahrnehmen. Für mich war es das Sehen auf dem Weg; das Erspüren, das Erfassen des Wesens und das Hineingehen – ähnlich wie wenn wir im Yoga Nidra die Rolle mit einem Menschen tauschen können, so können wir unsere Umwelt ganz anders und ohne Beschränkungen wahrnehmen.
Immer noch war unser Tagespensum zu hoch. Sehr erschöpft kamen wir am Abend in der Herberge einer Schweizerin an. Sie empfahl mir dringend mich regelmäßig auf der Seite https://www.pilegrimsleden.no/ zu informieren, allerdings hatte ich immer noch das Problem keinen Internetzugang über mein Handy zu bekommen.
Am nächsten Morgen starteten wir mit dem Vorsatz eine Auszeit zu nehmen und kürzer zu laufen – allerdings ohne Erfolg! Viele Unterkünfte hatten bereits geschlossen oder waren nicht erreichbar. Die Natur durch die wir wanderten war wunderschön und auch die Sonne zeigte sich – wäre nicht die Sache mit der fehlenden Unterkunft gewesen.
Abends wurden wir mit einer wunderschönen kleinen Hütte bei Majors Alm überrascht. Es war wie ein nach Hause kommen; Komfort wie ich ihn aus Deutschland kannte (und nicht wusste, wie sehr ich ihn schon vermisst hatte). Ich konnte Wäsche waschen (Freude pur) und hatte ein wunderschönes weiches und bezogenes Bett … und WLAN! Nachdem ich meinen Wecker am nächsten Morgen ausgestellt hatte und mit der Farmbesitzerin später vereinbart hatte, dass wir einen Tag verlängern würden, taten Tara das einzig richtige und heilsame: schlafen, meditieren und essen! Und so kommt es auch, dass ich meinen ersten Eintrag posten kann.

Admin - 22:40:06 @ Allgemein, Reise ins (Polar-) Licht | Kommentar hinzufügen

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Am 26.09.22 geht es los...

Gästebuch

Michael Fetzer
12.10.2022 18:15:22
Ups, da machst du ja 'Erfahrungen' im Sauseschritt!
Zum Glück scheinst du koerperlich noch so fit, deine Reise fortsetzen zu koennen. Und vermutlich bist du in dir schon an Punkte gelangt, wo du bisher gar nicht wusstest, dass es sie gibt...
Und ein (oder mehrere) aussergewoehnlicher Schutzengel scheint dich zu begleiten. Gut zu wissen.
Weiterhin gutes Gelingen und auf einen Austausch, der wahrscheinlich Tage dauert :-)
Michael Fetzer
02.10.2022 14:44:04
Hallo liebe Sandra, wahrscheinlich eignet sich Norwegen wie kaum ein anderes Land, im Durchwandern zu sehen - gehen zu lassen - sich erinnern - loszulassen...
Sehen, erspüren, hinein- und hinausgehen. Der Prozess von Lebendigkeit ein- und ausatmen. Sich einlassen, im Tun die Wirkung erfahren und zu neuen Horizonten aufbrechen.
Eigentlich alles ganz einfach :-)

Schön, dass du dir Zeit und Raum nimmst, wieder tiefer einzutauchen: in dich, deine Fragen, deine Schritte, deine Wünsche, deine Perspektiven.
Egal was kommt, es wird gut!
Stärkende Grüße, Michael