Sandra Euringer
Coaching & Training - Kreativtherapie - Yoga Nidra - Self Care - hub2hub

2022-12-30

Argentinische Weihnachten und eindeutige Bauchgefühle…

24.12.-30.12.22

Am 23. gegen Abend schickte mir Debora kurz vor ihrem Abflug aus Argentinien nochmal die Frage, ob ich zu ihrer Weihnachtsfeier nach Malaga kommen würde. Allein die Vorstellung, dass es für sie selbstverständlich war, nach einem 19 h Flug und Jet Lag die Weihnachtsfeier mit 20 Personen nicht in Frage zu stellen, gab mir den nötigen Motivationsschub und ich sagte zu.

Wir hatten uns das letzte Mal vor 2 ½ Jahren in Sintra gesehen und seitdem immer wieder online getroffen aber es fühlte sich so an, als wäre keine Zeit seit unserem letzten Treffen vergangen. Außer mir waren tatsächlich nur etwa 20 Argentinier unterschiedlichsten Alters anwesend und ich wurde sehr herzlich aufgenommen. Debora hatte die meisten bereits mit SPT (Social Presencing Theatre, Theory U) Enthusiasmus angesteckt und einige hatten bereits an dem jährlichen online Einführungskurs von Otto Scharmer teilgenommen. Vielleicht fühlte ich mich auch deshalb gleich so wohl. In den letzten Jahren hatte Debora mit spanischen Jugendlichen einige mehrmonatige Projekt durchgeführt. Dabei hatten die Jugendlichen nicht nur SPT umgesetzt, d.h. Lösungen über die Arbeit mit dem eigenen Körper und in Resonanz mit den anderen aus der Gruppe gefunden, sondern am Ende auch ihre eigenen Reden über sich und ihre Zukunft vor einem großen Publikum im Gemeindesaal gehalten. Eine Freundin, die Debora zur Abschlussveranstaltung in diesem Jahr begleitet hatte und beim Essen neben mir saß, berichtete mir, wie sehr sie das Selbstvertrauen der Jugendlichen beeindruckt hatte und dass sie sich in diesem Zusammenhang auch selbst die Frage gestellt hätte, ob sie sich etwas Ähnliches in diesem Alter zugetraut hätte; vor allem mit der Unterstützung, die Debora jetzt diesen Jugendlichen gab.

Warum gehören ähnliche Programme nicht selbstverständlich an die Schulen? Gerade die Erfahrungen, dass wir mit dem, was wir fühlen nicht nur ernst genommen, sondern auch wertgeschätzt werden, schaffen das Vertrauen auf die eigene Intuition zu hören und damit auch den Mut, zur Durchsetzung ungewöhnlicher Ideen. Und offensichtlich war Deboras Idee auf Resonanz gestoßen. Nachdem ein Artikel über ihre Arbeit im Newsletter des Presencing Institutes erschienen war, bekam sie weltweite Anfragen für eine Zusammenarbeit.

Die Weihnachtsfeier löste in mir auch Erinnerungen an Australien aus; dort war ich unter den deutschen Auswanderern gewesen und wir hatten unsere (mir bis dahin nicht bewussten) heißgeliebten deutschen Traditionen gepflegt, so wie die Argentinier jetzt in Spanien ihre Traditionen pflegten. Eigentlich seltsam, dass man bzw. auch ich erst auswandern musste, um die eigen Kultur schätzen zu lernen … oder das, was man dafür hält.

Kurz bevor ich zurückfuhr erlebte ich noch einen kleinen weihnachtlichen Flexibilitätstest. Da es sehr schwierig gewesen war, einen Parkplatz zu finden, hatte ich in einem Parkhaus geparkt, das offensichtlich 24 h geöffnet haben sollte (zumindest hatte ich mir das, was ich auf dem Schild lesen konnte, so zusammengereimt) … nur als ich mit Tara ankam, war alles fest verriegelt. Sowohl die Einfahrt für die Autos als auch die kleine Seitentür, durch die ich das Parkhaus verlassen hatte. Und ansonsten war auch niemand um diese Zeit auf der Straße. In Gedanken sah ich mich schon vergeblich Debora kontaktieren, da sie meinen Anruf bei der lauten Musik bestimmt nicht hören würde … Weihnachten auf der Straße … kein Weiterkommen nach Barcelona …. Es musste eine Lösung geben! Und tatsächlich hielt kurz darauf ein Sportwagen vor dem verriegelten Parkhaus. Ein Spanier so um die Mitte 30 stieg aus und wurde von mir mit Fragen überhäuft. Er lächelte und beruhigte mich. Er hatte eine Dauerparkkarte mit der er das Tor entriegelte und mir versicherte, dass ich mit meiner Karte auch die Ausfahrt benutzen könnte. Was dann auch problemlos klappte. Dankbar, dass ich doch nicht die Nacht im Freien verbringen musste, fuhr ich mit Tara die 1 ½ Stunden zurück in mein kleines Paradies am Meer.

Nach einem letzten Strandspaziergang am nächsten Morgen brachen wir auf in Richtung Barcelona.

Mein Bauchgefühl war klar, es war Zeit, um wieder weiterzufahren. Wider Erwarten waren die Autobahnen verhältnismäßig voll und ich kam langsamer voran als erwartet. Da Alicante auf meiner Strecke lag, beschloss ich dort einen kurzen Spaziergang an der Uferpromenade einzuplanen. Als ich durch die Stadt fuhr, kamen allerdings alles andere als weihnachtliche Gefühle in mir auf. Es war nicht nur voll, sondern es herrschte Jahrmarktstimmung mit Riesenrad, Karussell etc.. Als ich nach 30 Minuten immer noch erfolglos nach einem Parkplatz suchte, beschloss ich weiter zu fahren.

Nach Barcelona würde ich es nicht mehr schaffen aber dafür hörte sich die Beschreibung von Valencia gut an. Ich buchte während der Fahrt eine hundefreundliche Unterkunft mit Parkplatz. Als ich ankam, musste ich feststellen, dass mit Parkplatz öffentliche Parkplätze gemeint waren und Hunde unterschiedlich nach Gewicht berechnet wurden. Das war neu und Tara landete automatisch in der höchsten Preisklasse.
Ich freute mich auf Barcelona und Gaudis Bauten und reservierte am nächsten Morgen eine Unterkunft in einem zentralen Hotel. Aufgrund der Staus kamen wir leider erst am späteren Nachmittag an. Als die Dame am Empfang Tara sah, wurde ich freundlich darauf hingewiesen, dass in den Bestimmungen des Hotels, die ich bekommen haben sollte, ausdrücklich keine Hunde über 20 Kilo erlaubt waren. So waren die Bestimmungen! Tara wog trotz Pilgern mindestens noch 30 Kilo. Meine Toleranz kam an ihre Grenzen und ich denke, das war dann auch der Dame am Empfang klar.

Ich war sehr sicher, dass ich keine derartigen Bestimmungen erhalten hatte.  Es dauerte eine Weile bis ich die Bestätigung dafür bekam und Tara bleiben durfte. Aber nur unter Zuzahlung von 20 Euro, was in Spanien bisher der Hundezimmerrekord war.
Barcelona war beeindruckend, v.a. die Bauten von Gaudi zogen mich in ihren Bann. Aber ich empfehle niemandem Bearcelona mit Hund zu besuchen, v.a. nicht mit dauerhungrigen Labradorhunden! Es war sehr voll, es lagen überall Essensreste herum, die für Tara und mich eine ständige Herausforderung waren und leider lagen viele der Sehenswürdigkeiten in größerer Entfernung voneinander. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln wäre das noch gegangen, aber ich durfte ja weder Bus noch Metro mit Hund benutzen. Auch eine Anfahrt mit dem Auto in eines der Parkhäuser in der Nähe von Park Güell war nicht möglich, da ich dafür mein Auto hätte entsprechend mit einem Umweltabzeichen zertifizieren lassen müssen.

Zwischendurch sehnte ich uns in die wunderschöne Wohnung am Meer zurück … Barcelona war ein bisschen wie ein Kulturschock. Immerhin war meine Sorge unbegründet gewesen, dass mein Auto vielleicht nicht mehr im Parkhaus wäre. Aufgrund des Platzmangels hatte ich meine Autoschlüssel (wie andere offensichtlich auch) auf der Windschutzscheibe zurücklassen müssen, damit die Parkwächter bei Bedarf die Autos wegfahren konnten. So etwas war dann doch neu für mich. Zunächst hatte ich einen Vertrag gefordert, damit ich irgendetwas in der Hand hätte, falls mein Auto weg wäre … da kam wohl der deutsche Anteil in mir durch … aber als der Parkwächter meinte, dass er das seit 25 Jahren problemlos machen würde, hatte ich ihm und seinem netten Lächeln einfach vertraut.

Kurz nach Barcelona fragte mich Leon an der Tankstelle, ob ich ihm eine Mitfahrgelegenheit geben könnte. Es war zwar mit Tara und dem Trekking Trailer recht eng, aber für Leon war es in Ordnung und er war froh auf dem Weg zurück nach Deutschland weiter zu kommen. Und so fuhren wir die nächsten 600 km gemeinsam bis kurz vor Lyon. Er war vor 7 Monaten in Deutschland aufgebrochen und hatte ursprünglich eine Weltreise geplant. Aber nachdem er vor allem im Süden Europas gereist und zwischendurch auch auf einem Schiff als Matrose nach Marokko gesegelt war, zog es ihn wieder nach Hause zurück. Ich schätzte ihn auf Mitte 20 und wir hatten beide vor einigen Jahren das Buch von Christopher Schacht „Mit 50 Euro um die Welt“ gelesen. Christopher Schacht war nach dem Abi mit nur 50 Euro aufgebrochen und hatte danach 4 Jahre lang die Welt bereist. In seinem Buch nimmt er die Leser mit auf eine Reise, auf der es immer wieder zu inspirierenden Begegnungen und zu Lösungen in schier ausweglosen Situationen kommt. Es geht dabei um das Einlassen im Jetzt, um Vertrauen und um die Erfahrungen von Freude und Verbindung. Und genau mit diesen Erfahrungen war Leon jetzt wieder auf dem Weg nach Hause. Vor seinem Aufbruch hatte er als Pfleger in einem Altenheim gearbeitet aber da er durch die Arbeit immer depressiver wurde und sich auch nicht wie die meisten seiner KollegInnen impfen lassen wollte, hatte er kurzerhand alles gekündigt und war losgetrampt.

Braungebrannt und strahlend erzählte er mir von seinen Begegnungen, der nicht ungefährlichen Überfahrt nach Marokko, seinen Übernachtungen im Freien und den Verzicht auf wochenlanges Duschen … bis auf letzteres konnte ich seine Begeisterung teilen. Die Zeit verflog sehr schnell und dann waren wir auch schon an der letzten Raststätte vor Lyon angekommen und verabschiedeten uns.

Ich hatte ursprünglich geplant, in Lyon zu übernachten und wollte die Zeit auf dem Rastplatz nutzen, um ein Hotel zu finden. Aber mein Bauchgefühl sagte deutlich „Weiterfahren“. Von Barcelona bis Bad König waren es 1323 Kilometer und ich hätte mir vorher nie vorstellen können, so eine lange Strecke am Stück zu fahren … aber mit guter Musik und Kaffee flog ich nur so durch die Nacht. Vielleicht hatte mir ein guter Engel für das letzte Stück durch den Odenwald einen großen Laster vor die Nase gesetzt, denn sonst hätten mich bestimmt einige Geschwindigkeitskameras erwischt. So kam ich zwar erschöpft aber auch glücklich ohne geblitzt worden zu sein nachts um 2 Uhr zuhause an.
Dieses Gefühl nach einer längeren Reise zuhause zu sein ist unbeschreiblich; ich nahm mich sehr bewusst war und auch das, was sich verändert hatte. Aber ich war nur auf kurzem Zwischenstopp hier und das fühlte sich auch richtig an. Meine Reise war noch nicht zu Ende. Die Polarlichter gehörten noch dazu.

Eine Freundin hatte mir angeboten, Tara während der Fahrt nach Schweden zu sich zu nehmen. Durch die warmen Temperaturen am Meer hatte sie in den letzten Wochen ihr Winterfell verloren und ein so plötzlicher Temperaturunterschied wäre auch für sie nicht einfach. Ebenso würde es die Suche nach Unterkünften erleichtern. Gleichzeitig konnte ich mir schwer vorstellen, ohne Tara zu reisen. Als würde sie meine Pläne erahnen, sprang sie während ich das Auto aussaugte, in den Kofferraum und blieb dort demonstrativ sitzen. Normalerweise konnte sie Staubsaugergeräusche nicht ausstehen…

Aber ich blieb bei meinem Plan und Mitte Januar würde ich spätestens wieder zurück sein … mit oder ohne Polarlichtererfahrungen. Die Weiterreise ohne Tara bedeutete auch, dass ich Silvester bei Yoga Vidya in Bad Meinberg feiern würde. Die letzten Monate waren für mich auch sehr durch die Vertiefung der 196 Yoga Sutren geprägt gewesen, v.a. auch durch die sehr gute Interpretation von Sukadev, Leiter von Yoga Vidya. Für mich war es daher völlig stimmig den Jahreswechsel in seinem Ashram in Bad Meinberg zu feiern.

Während meiner Reise hatte ich viele meiner Erfahrungen und auch Impulse, die zur Entwicklung einer eigenverantwortlichen Sterbevorbereitung geführt hatten, mit Ullrich geteilt. Als Pastor hatte er einen anderen spirituellen Hintergrund und seine Offenheit für neue spirituelle Traditionen hatten zu einem gegenseitigen sehr lebendigen Austausch während der Reise geführt. Während ich auf den sehr christlich geprägten Pilgerwegen unterwegs war, war er in die Yoga Sutren, Koans und Mantren eingetaucht. Wir hatten daher beschlossen, den Jahreswechsel gemeinsam mit Yoga Vidya zu feiern und im Anschluss in Schweden gemeinsam weiter auf Polarlichtersuche zu gehen.

Admin - 13:34:42 | Kommentar hinzufügen

Am 26.09.22 geht es los...

Gästebuch

Michael Fetzer
12.10.2022 18:15:22
Ups, da machst du ja 'Erfahrungen' im Sauseschritt!
Zum Glück scheinst du koerperlich noch so fit, deine Reise fortsetzen zu koennen. Und vermutlich bist du in dir schon an Punkte gelangt, wo du bisher gar nicht wusstest, dass es sie gibt...
Und ein (oder mehrere) aussergewoehnlicher Schutzengel scheint dich zu begleiten. Gut zu wissen.
Weiterhin gutes Gelingen und auf einen Austausch, der wahrscheinlich Tage dauert :-)
Michael Fetzer
02.10.2022 14:44:04
Hallo liebe Sandra, wahrscheinlich eignet sich Norwegen wie kaum ein anderes Land, im Durchwandern zu sehen - gehen zu lassen - sich erinnern - loszulassen...
Sehen, erspüren, hinein- und hinausgehen. Der Prozess von Lebendigkeit ein- und ausatmen. Sich einlassen, im Tun die Wirkung erfahren und zu neuen Horizonten aufbrechen.
Eigentlich alles ganz einfach :-)

Schön, dass du dir Zeit und Raum nimmst, wieder tiefer einzutauchen: in dich, deine Fragen, deine Schritte, deine Wünsche, deine Perspektiven.
Egal was kommt, es wird gut!
Stärkende Grüße, Michael